{"id":2503,"date":"2016-10-26T16:58:25","date_gmt":"2016-10-26T15:58:25","guid":{"rendered":"http:\/\/www.unwritten-future.org\/?p=2503"},"modified":"2016-10-26T16:58:25","modified_gmt":"2016-10-26T15:58:25","slug":"flugblatt-liebe-studierende","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.unwritten-future.org\/index.php\/flugblatt-liebe-studierende\/","title":{"rendered":"Flugblatt: Liebe Studierende (…)"},"content":{"rendered":"
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Dieses Flugblatt wurde w\u00e4hrend der Kritischen Einf\u00fchrungswochen an der Universit\u00e4t Leipzig zu Beginn des Wintersemesters 2016\/17 auf dem Campus sowie an diversen anderen Orten der Stadt verteilt und ausgelegt.<\/span><\/em><\/div>\n<\/div>\n<\/div>\n
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Mit diesem Flugblatt wollen wir mit euch \u00fcber unsere gemeinsamen Lebensumst\u00e4nde in einen ersten Austausch treten. W\u00e4hrend die Universit\u00e4t in den n\u00e4chsten Tagen unseren Alltag bestimmen wird, – wir zwischen Seminarwahl, Mensa und Stundenpl\u00e4nen unser Dasein fristen, – werden sich einige von euch am Ende der Kritischen Einf\u00fchrungswochen<\/span> vielleicht ernsthafter \u00fcberlegen, inwiefern sie ihre gesellschaftskritische Haltung in Organisierung und Praxis m\u00fcnden lassen. Manche hatten diesen Anspruch vielleicht schon bevor sie mit ihrem Studium angefangen haben, oder ihr seid bereits irgendwo involviert. In beiden F\u00e4llen finden wir als politische Organisation solch eine Entscheidung nat\u00fcrlich begr\u00fc\u00dfenswert.<\/p>\n

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Neben dem allt\u00e4glichen Procedere von Vorlesungen, Klausuren und Textlekt\u00fcre scheinen viele Studierende, die nebenbei vielleicht auch noch in Parteien, NGO\u2018s oder in sonstigen Zusammenh\u00e4ngen aktiv sind, den Kontext ihrer eigenen Lebensverh\u00e4ltnisse zu vernachl\u00e4ssigen. Dabei befinden wir uns alle in ganz konkreten Verh\u00e4ltnissen wieder. Wie viele von uns sind auf einen Nebenjob angewiesen? Wie viele von uns haben Stress mit den Vermieter*innen? Und wie viele schlagen sich mit dem BAf\u00f6G- oder Pr\u00fcfungsamt herum? All diese Situationen haben etwas mit unserer eigenen Lebensrealit\u00e4t zu tun. Wer neben seinem Studium noch jobben muss, um \u00fcber die Runden zu kommen, ist vom Lohn abh\u00e4ngig. Und wie viele von uns werden nach unserem Studium einen Arbeitsplatz haben, wo wir das auch sind?<\/p>\n

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Denn: Auch als Studierende sind wir nicht losgel\u00f6st von den Herrschaftsverh\u00e4ltnissen dieser Gesellschaft. Dadurch, dass Waren & Dienstleistungen nur mit Geld zu erwerben sind, sind auch wir stets dazu gezwungen genug Kohle von den Eltern, vom BAf\u00f6G-Amt oder eben im Job vom Chef zu kassieren. Der gr\u00f6\u00dfte Teil von uns wird nach seinem Studium ebenfalls ein Dasein als lohnabh\u00e4ngig fristen; ganz egal ob man sp\u00e4ter im Wissenschaftsbetrieb verbleibt oder f\u00fcr ein Unternehmen seine Arbeitskraft verkaufen muss, egal ob Lohn oder \u201eGehalt\u201c: unser Geld ist der Tendenz nach immer knapp. Und das Interesse nach einer schicken Wohnung, erholsamer Freizeit und der M\u00f6glichkeit, sich mehr Sachen als nur f\u00fcr den t\u00e4glichen Bedarf leisten zu k\u00f6nnen, ist grundlegend um diese Situation ertr\u00e4glich zu gestalten. Dar\u00fcber selbst entscheiden k\u00f6nnen wir nur, wenn wir nach mehr Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Einflussnahme streben.<\/p>\n

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Was es f\u00fcr den Einzelnen so schwierig macht, sich gegen diese tagt\u00e4glichen Zurichtungen zu wehren, ist unsere voranschreitende Spaltung und Vereinzelung. Durch die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, aber auch um Studienpl\u00e4tze, Praktika, HiWi-Posten, etc. ist jeder und jede von uns dazu angehalten, die Ellenbogen gegen die anderen auszufahren. Man selbst darf nicht auf der Strecke bleiben. Dabei stecken wir letztendlich alle in der gleichen Misere im Kampf um ertr\u00e4gliche Studien- und Lebensbedingungen \u2013 uns alle einen die gleichen Probleme. Der Tendenz nach sind wir dazu gezwungen, viel zu viel in unserem Leben unseren \u201eKarrieren\u201c unterzuordnen. Trotz der ma\u00dflosen Steigerung an Produktivit\u00e4t, die so viel menschliche Arbeit \u00fcberfl\u00fcssig machen k\u00f6nnte, sollen wir den Gro\u00dfteil unseres Lebens auf Arbeit fristen und f\u00fcr unsere Chefs buckeln. Die Arbeit wird irgendwie nicht weniger\u2026 Aber das kann\u2018s doch nicht gewesen sein!<\/p>\n

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Diese Zust\u00e4nde sind Ausdruck von Kr\u00e4fteverh\u00e4ltnissen, auf die wir aktiv Einfluss nehmen k\u00f6nnten. Um sie in unserem Sinne zu ver\u00e4ndern m\u00fcssen wir das sogar. Niedrige L\u00f6hne und miese Arbeitsbedingungen sind dabei nicht das Ergebnis der \u201eB\u00f6swilligkeit\u201c des Chefs, sondern in seinem Interesse nach Profit zu wirtschaften. Ohne diesen w\u00fcrde er seine Wettbewerbsf\u00e4higkeit gegen\u00fcber andere Unternehmen verlieren und droht damit bankrott zu gehen. L\u00f6hne als Kostenfaktor sind daher ein f\u00fcr die Kapitalist*innen l\u00e4stiges \u00dcbel, um ihr investiertes Kapital verwerten zu k\u00f6nnen. Gegen diesen \u201eKlassenkampf von oben\u201c k\u00f6nnen wir uns nur wehren, wenn wir anfangen uns gemeinsam zu wehren. Der Kampf um h\u00f6here L\u00f6hne, mehr Mitbestimmungsrechte, l\u00e4ngeren Urlaub, usw. l\u00e4sst sich nur gemeinsam erfolgreich durchsetzen. Der Vorteil dieses gemeinsamen Kampfes ist aber auch, dass alle Beteiligten von solchen Auseinandersetzungen profitieren k\u00f6nnen \u2013 vorausgesetzt sie sind erfolgreich!<\/p>\n

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Dieses Prinzip von \u201esozialen K\u00e4mpfen\u201c, also dem Ringen um unsere Stellung und Handlungsoptionen innerhalb der Gesellschaft,<\/span> ist das Resultat der gesellschaftlichen Widerspr\u00fcche, die vorherrschen. Unser Alltag, unsere \u201eprivaten\u201c Beziehungen sind politisch. In Alltagsk\u00e4mpfen besteht die M\u00f6glichkeit, dass sich ein Bewusstsein \u00fcber die eigene gesellschaftliche Position entwickelt. Und wenn wir diese K\u00e4mpfe nicht bewusst f\u00fchren, f\u00fchrt die Gegenseite sie auch ohne unser Wissen weiter \u2013 und letztendlich gewinnt sie damit meistens. Einer dieser Widerspr\u00fcche ist der oben aufgezeigte zwischen Kapitalist*innen und Lohnabh\u00e4ngigen. Aber wie bereits angedeutet k\u00f6nnen Interessenkonflikte zum Beispiel im Mietverh\u00e4ltnis ebenso auftreten, in dem man selbst eine m\u00f6glichst passende Wohnung f\u00fcr wenig Miete verlangt, w\u00e4hrend die Vermieter*innen versuchen die Preise zu erh\u00f6hen. Der Staat setzt dabei mittels seiner Gesetze das \u201eRecht auf Eigentum\u201c und schlie\u00dft damit faktisch alle vom t\u00e4glich produzierten Reichtum in der Gesellschaft aus, solange sie keine dazugeh\u00f6rigen Eigentumstitel besitzen. Um an die n\u00f6tigen Dinge zu kommen, muss man eben daf\u00fcr Zahlkraft besitzen. Und wenn man das nicht kann, hat man Pech gehabt. Auch hier sollen wir als Mieter*innen kein Mitspracherecht \u00fcber das Prinzip von Mietvertr\u00e4gen, unserer Wohnsituation, usw. bekommen. Allein daher schon ist eine Gesellschaft, in der wir alle am produzierten Reichtum teilhaben k\u00f6nnen und dar\u00fcber bestimmen wie er zustande kommt, nur ohne<\/span> Staat und Kapitalismus zu haben.<\/p>\n

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Die Selbstorganisation in sozialen K\u00e4mpfen ist f\u00fcr uns daher kein reiner Selbstzweck, sondern ein Mittel, um 1) zun\u00e4chst unseren Alltag m\u00f6glichst ertr\u00e4glich zu gestalten und 2) emanzipatorischere Strukturen bereits im Kapitalismus einzu\u00fcben, die Rahmenbedingungen einer befreiten Gesellschaft bilden k\u00f6nnen. Das F\u00fchren von Auseinandersetzungen im Hier & Jetzt sowie eine revolution\u00e4re Perspektive auf \u00dcberwindung des Kapitalverh\u00e4ltnisses geh\u00f6ren dabei untrennbar zusammen. Soziale K\u00e4mpfe ohne die Ursachen dieser Konflikte anzutasten f\u00fchrt zu K\u00e4mpfen gegen Windm\u00fchlen. Wir wollen daher anfangen die einzelnen K\u00e4mpfe entlang unserer Interessen f\u00fchren und sie in eine gr\u00f6\u00dfere gesamtgesellschaftliche Strategie einbinden.<\/p>\n

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Unser Bestreben ist es nicht nur von au\u00dfen in K\u00e4mpfe zu \u201eintervenieren\u201c, sondern das eigene Leben als politisch zu begreifen und zu f\u00fchren. Das bedeutet die Teilnahme an sozialen K\u00e4mpfen auch in Kontexten, die uns pers\u00f6nlich betreffen: Lohnarbeits-, Wohn-, Studien-, Ausbildungsverh\u00e4ltnisse und viele mehr. Notwendig ist eine Thematisierung und gesellschaftliche F\u00fchrung solcher Auseinandersetzungen, um diese \u00fcberhaupt auf die Agenda zu setzen. Das kann die Grundlage sein sich gemeinsam mit anderen zu organisieren, um schlagkr\u00e4ftiger zu werden, um seine Interessen zu erk\u00e4mpfen, um perspektivisch Staat und Kapital nicht mehr zwischen sich und seinen Bed\u00fcrfnissen stehen zu haben. Der Kommunismus ist daher keine blo\u00dfe Utopie, sondern unsere Praxis des K\u00e4mpfens f\u00fcr ein besseres Leben.<\/p>\n

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Wir sind unserem Anspruch nach offen f\u00fcr alle, die sich mit uns auf die Suche nach M\u00f6glichkeiten widerst\u00e4ndigen Handelns aufmachen wollen. Bislang ist uns als radikale Linke die eigene Schw\u00e4che nur allzu bewusst, doch wir wachsen an unseren Anspr\u00fcchen. Wir wollen mit euch \u00fcber den Inhalt dieses Flugblatts ins Gespr\u00e4ch kommen \u2013 etwa bei unserer Veranstaltung mit der Basisgewerkschaft unter_bau am 14.10. an der Uni. Wie k\u00f6nnen wir anfangen gemeinsam unser Leben entlang unserer Bed\u00fcrfnisse und Interessen zu realisieren? Sprecht uns auf dem Campus an, kommt zu unseren Veranstaltungen oder schreibt uns. Nur sofern wir \u00fcber unsere pers\u00f6nlichen Lebenslagen ins Gespr\u00e4ch kommen und uns vernetzen, kann daraus eine \u00dcberwindung der Vereinzelung entstehen!<\/p>\n

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Eure the future is unwritten
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