{"id":2717,"date":"2018-03-14T19:58:57","date_gmt":"2018-03-14T18:58:57","guid":{"rendered":"http:\/\/www.unwritten-future.org\/?p=2717"},"modified":"2018-03-14T20:02:08","modified_gmt":"2018-03-14T19:02:08","slug":"gegen-die-normalisierung-des-rechtsrucks-durch-die-leipziger-buchmesse","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.unwritten-future.org\/index.php\/gegen-die-normalisierung-des-rechtsrucks-durch-die-leipziger-buchmesse\/","title":{"rendered":"Gegen die Normalisierung des Rechtsrucks durch die Leipziger Buchmesse!"},"content":{"rendered":"

Keine Debatte mit Fans von nationaler Abschottung und Patriarchat!<\/strong><\/p>\n

Unser aktueller Debattenbeitrag zur Diskussion um die rechten Verlage, denen die Leipziger Buchmesse die M\u00f6glichkeit bietet, dort mit St\u00e4nden vertreten zu sein. Diesen haben wir auch als Flyer bei der heutigen Kundgebung von \u00bbVerlage gegen Rechts\u00ab verteilt.<\/em><\/p>\n

Bereits seit Jahren verfolgt die Leipziger Buchmesse die Politik reaktion\u00e4ren, faschistischen, antisemitischen, sexistischen und nationalistischen Verlagen und Publikationen St\u00e4nde und Diskussionsveranstaltungen zu gew\u00e4hren. Begr\u00fcndet wird dies mit dem Argument, der Buchhandel m\u00fcsse f\u00fcr die Meinungsfreiheit einstehen, wie zum Beispiel der ehemalige Verleger Ernst Piper in der WELT ausf\u00fchrte: \u201eDas gesprochene wie das geschriebene Wort, seine Verbreitung und alles, was damit zu tun hat, der herstellende wie der verbreitende Buchhandel, sind
\nuntrennbar mit der Freiheit der Meinungs\u00e4u\u00dferung und dem Kampf f\u00fcr die Verteidigung dieser Freiheit verbunden. Und die Freiheit der Meinungs\u00e4u\u00dferung gilt eben nicht nur f\u00fcr Meinungen, die uns sympathisch sind.\u201c An anderer Stelle haben wir bereits die Argumente daf\u00fcr dargestellt, warum Meinungsfreiheit zwar grunds\u00e4tzlich anzustreben ist und trotzdem andere politische Dynamiken uns als Antifaschist_innen oftmals dazu zwingen, ihr zuwider zu handeln. In Kurzform: wenn Akteure wie G\u00f6tz Kubitscheks Antaios Verlag, J\u00fcrgen Els\u00e4ssers Compact oder der Deutsche Stimme Verlag der NPD sich politisch durchsetzen, wird es viele Menschen geben, die sich \u00fcber Meinungsfreiheit gar keine Gedanken mehr machen k\u00f6nnen: weil sie bereits abgeschoben, ermordet oder inhaftiert wurden. Hier geht es uns allerdings noch um ein weiteres verfehltes Argument auf Seiten der Frankfurter und Leipziger Buchmessen und ihrer liberalen Unterst\u00fctzer_innen: die Idee, dass oben genannte Rechte innerhalb eines ‘demokratischen Diskurses’ ‘entzaubert’ werden k\u00f6nnten und der Kampf gegen diese mit den Mitteln der \u00f6ffentlichen Debatte zu gewinnen sei.<\/p>\n

Das, was seit dem Einzug der AfD in den Bundestag passiert ist, zeigt: nichts k\u00f6nnte weiter von der Realit\u00e4t entfernt sein als diese Annahme. Seit die AfD in Fraktionsst\u00e4rke im Bundestag ist, eine permanente Pr\u00e4senz in den Medien hat und zahlreiche PR-Fachleute bezahlen kann, sind ihre Werte in den Wahlumfragen gestiegen. Weiterhin brechen Schritt f\u00fcr Schritt alle D\u00e4mme demokratischer Mindestandards: der AfD-Spitzenkandidat konnte sagen, wir sollten wieder Stolz auf die Handlungen der Wehrmacht im 2. Weltkrieg sein, ohne dabei irgendeinen \u00f6ffentlichen Schaden zu nehmen. Zum politischen Aschermittwoch konnten die Rechtsausleger H\u00f6cke und Poggenburg in nationalsozialistischer Tonlage hetzen, ohne dass die AfD dabei Zustimmung verloren h\u00e4tte. Und j\u00fcngst bekannte sich die AfD \u00f6ffentlich zur Zusammenarbeit mit der Pegida-Bewegung. Ein Bekenntnis zu einer Praxis, die ohnehin bereits lange existierte. Jedoch verdeutlicht dieses, dass mit steigender \u00f6ffentlicher Pr\u00e4senz die AfD geringere Hemmungen hat, sich selbst zu solchen Akteur_innen zu bekennen, die in der liberalen \u00d6ffentlichkeit als “rechtsextrem” wahrgenommen werden.<\/p>\n

Und es gibt noch einen viel verheerenderen Effekt der Anerkennung der Rechten als demokratische Diskursteilnehmer_innen: den Rechtsruck in allen anderen politischen Str\u00f6mungen. Nur wenige Beispiele reichen, um diese These zu untermauern: Die Gr\u00fcnen, die in den Sondierungen bereit waren, die Obergrenze der CSU mitzutragen, eine CDU, die in Sachsen-Anhalt den unverkennbaren Faschisten Andr\u00e9 Poggenburg von der AfD zum Leiter einer Enquete-Kommission gegen \u201eLinksextremismus\u201c macht, eine Linkspartei, deren Fraktionsvorsitzende im Bundestag keine Gelegenheit ausl\u00e4sst, nationalistische und rassistische Ressentiments zu bedienen und einen Verteilungskampf zwischen \u201eDeutschen\u201c und Gefl\u00fcchteten noch zu beschw\u00f6ren. Von Entzauberung keine Spur. Im Gegenteil: die Rechten sehen, dass sich ihre Forderung in konkreter Politik niederschlagen und f\u00fchlen sich motiviert, ihren politischen Weg fortzusetzen.<\/p>\n

Die W\u00e4hler_innen der AfD sind keine naiven Opfer einer verf\u00fchrerischen Rhetorik. Im Gegenteil: Studien zu sogenannter \u201egruppenbezogener Menschenfeindlichkeit\u201c zeigen, dass bereits seit Jahren das W\u00e4hler_innenpotenzial f\u00fcr eine rassistische, sexistische und nationalistische Partei in Deutschland gegeben war. Dieses Potenzial l\u00f6st die AfD nun ein. Wir sind nicht so optimistisch zu denken, dass wir diese Millionen von Unterst\u00fctzer_innen des Rechtsrucks innerhalb kurzer Zeit von ihren politischen Ansichten abbringen k\u00f6nnen. Was wir aber k\u00f6nnen ist, eine politische Alternative zu Neoliberalismus und v\u00f6lkischem Nationalismus anzubieten. Dabei wollen wir die Gesellschaft nicht ob der harten Auseinandersetzungen vers\u00f6hnen, wie es manch ein_e Politiker_in dieser Tage anmahnt. Im Gegenteil: wir wollen die Spaltung der Gesellschaft noch vertiefen und das gleich auf mehreren Ebenen. Einerseits zwischen denjenigen, die bereit sind anzuerkennen, dass alle Menschen die gleichen legitimen Lebensinteressen haben und diese auch verwirklichen k\u00f6nnen sollten und denjenigen, die eine Unterordnung und Kategorisierung von Individuen nach Nation, Kultur oder Rasse fordern. Andererseits muss sich unter denjenigen, die den Rechtsruck ablehnen, die Erkenntnis durchsetzen, dass nationalistische Krisenreaktionen Folge einer Gesellschaft sind, die auf universeller Konkurrenz und auf nationalstaatlicher Zersplitterung basiert. Wenn der Rechtsruck gestoppt werden soll, muss wieder \u00fcber gesellschaftliche Alternativen zu Kapitalismus und Nationalstaat diskutiert werden. Um diesen n\u00e4her zu kommen, ist eine transnationale Solidarit\u00e4t gegen Ausbeutung, Abschottung und patriarchale Unterdr\u00fcckung notwendig. Wer stattdessen den Diskurs mit Rechten und Nazis als L\u00f6sung des Problems propagiert, hat den Ernst der Lage nicht erkannt. Indem die Buchmesse Antaios, Compact, Deutscher Stimme und co. eine B\u00fchne bietet, wird sie zum Teil des Problems. Wir hingegen werden unseren Teil dazu beitragen, dass der Rechtsruck nicht zur Normalit\u00e4t sondern zum Anlass harter gesellschaftlicher Auseinandersetzungen wird.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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