{"id":2747,"date":"2018-03-26T16:11:54","date_gmt":"2018-03-26T15:11:54","guid":{"rendered":"http:\/\/www.unwritten-future.org\/?p=2747"},"modified":"2018-03-26T16:14:11","modified_gmt":"2018-03-26T15:14:11","slug":"kampagnenaufruf-des-ladenschlussbuendnisses-2018","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.unwritten-future.org\/index.php\/kampagnenaufruf-des-ladenschlussbuendnisses-2018\/","title":{"rendered":"Kampagnenaufruf des Ladenschlussb\u00fcndnisses 2018"},"content":{"rendered":"

Zusammen mit anderen Gruppen und Aktiven unterst\u00fctzen wir das Leipziger Ladenschlussb\u00fcndnis<\/a>, das sich in diesem Jahr neu gegr\u00fcndet hat. Das Ladenschlussb\u00fcndnis will Nazi-Strukturen, reaktion\u00e4re Banden und rechte Netzwerke in Leipzig bek\u00e4mpfen. Die neue Kampagne des B\u00fcndnisses richtet sich gegen das Nazi-Trainingszentrum in der Kamenzer Stra\u00dfe. Wir teilen an dieser Stelle den Kampagnenaufruf 2018, den wir ausdr\u00fccklich unterst\u00fctzen.<\/em><\/p>\n

Antifaschistische K\u00e4mpfe in die Offensive!<\/strong><\/p>\n

Das Leipziger Ladenschlussb\u00fcndnis bek\u00e4mpft neonazistische Strukturen, rechte Netzwerke und den dazugeh\u00f6rigen Lifestyle in Leipzig. Unser Ziel ist, aktiv und offensiv allen Bestrebungen entgegen zu treten, die sich \u00fcber ein rassistisches, nationalistisches, antisemitisches, m\u00e4nnlichkeitsbetontes, frauenfeindliches und autorit\u00e4res Weltbild bestimmen. Beim Kampf gegen den gesamtgesellschaftlichen Rechtsruck d\u00fcrfen wir nicht vergessen, dass das Problem von gewaltbereiten Neonazi-Strukturen alles andere als geringer wird. Diese Strukturen und Netzwerke zu zerschlagen, bleibt mit unserem Engagement gegen nationale Abschottung, den sexistischen Rollback und f\u00fcr eine gesellschaftliche Emanzipation eng verbunden.<\/p>\n

Reaktion\u00e4re M\u00e4nner-Banden und die beschleunigte Welt des Kapitals<\/strong><\/p>\n

Ob in Hooligan-Strukturen ostdeutscher Traditionsvereine, in Freefight-Gyms, bei den Identit\u00e4ren oder in Neonazi-Gruppen: rechte M\u00e4nner bleiben gern unter sich und versuchen sich als wehrhafte Verteidiger des Abendlandes zu inszenieren. Auch wenn das politische Agieren rechter Frauen nicht untersch\u00e4tzt werden darf, muss der spezifisch sexistische und m\u00e4nnerb\u00fcndische Charakter der benannten Kreise betont werden. Die Schaupl\u00e4tze der Kampfsportszene und der Sicherheitsunternehmen, das Rotlichtmilieu, die Rockerszene, B\u00fcrgerwehren und das Milit\u00e4r sind alles zutiefst reaktion\u00e4re und von Grund auf patriarchale Zusammenh\u00e4nge, die grunds\u00e4tzlich die notwendigen Grundlagen f\u00fcr rechtsradikale Ideologie bieten.<\/p>\n

Dabei sind M\u00e4nner-Banden ein Produkt der kapitalistischen Gesellschaftsstruktur und ihrer Dynamiken.<\/span> Im Zusammenspiel von Kapitalismus und Patriarchat werden Frauen strukturell aus den Sph\u00e4re der Produktion und der \u00d6ffentlichkeit in die der Reproduktion verdr\u00e4ngt. Daraus folgt das verbreitete Selbstverst\u00e4ndnis des Mannes als Ern\u00e4hrer und Verteidiger \u201eseiner\u201c Familie. Die gewaltaffine M\u00e4nner-Bande kn\u00fcpft an diese soziale Realit\u00e4t an zwei Punkten an. Einerseits bietet sie die M\u00f6glichkeit einer kollektiven patriarchalen Inszenierung der Verteidigung der Familie gegen \u00e4u\u00dfere, meist mit rassistischen Kategorien abgewertete, Feinde. Andererseits bietet sie ein Auffangnetz gegen Krisen der eigenen patriarchale Lebenswelt. Ein Beispiel daf\u00fcr, das uns direkt betrifft, sind die ostdeutschen Regionen, aus denen aufgrund \u00f6konomischer Perspektivlosigkeit junge Frauen massenhaft wegziehen. Zur\u00fcck bleiben M\u00e4nner, die nicht in der Lage sind, selbstst\u00e4ndig ihre Emotionen zu regulieren und soziale Beziehungen aufzubauen, weil diese T\u00e4tigkeiten im Patriarchat strukturell Frauen auferlegt werden. Der sozialen K\u00e4lte, die Kapitalismus und Patriarchat erzeugen, begegnen M\u00e4nner-Banden nicht mit kollektiven, inklusiven Sozialstrukturen. Das individualisierte Hauen und Stechen der \u00f6konomischen Konkurrenz kontern sie mit einer Kollektivierung des Freund-Feind-Denkens. Die Krise von Sozialstrukturen stellt dabei eine von verschiedenen Ursachen f\u00fcr die Entstehung reaktion\u00e4rer Banden dar. Keineswegs ist sie eine Rechtfertigung f\u00fcr diese.<\/p>\n

So stehen wir f\u00fcr eine gesellschaftliche Perspektive jenseits von individualisierter Konkurrenz und irrational begr\u00fcndeten Kollektiven ein. Wir wollen eine Gesellschaft, in der Reproduktion, Produktion und \u00f6ffentliche Institutionen basisdemokratisch verwaltet werden. Wir stehen daf\u00fcr ein, dass die Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen nicht von Besitz, Geschlecht oder rassistischen Zuschreibungen abh\u00e4ngig gemacht wird.<\/p>\n

Der Rechtsruck und die Nazis<\/strong><\/p>\n

Seit dem \u201eSummer of Migration\u201c 2015 haben sich die gesellschaftlichen Verh\u00e4ltnisse zugespitzt. Rassistische und faschistische Bewegungen entstanden in beinahe jedem Ort. Mit der AfD sitzt eine rassistische und sexistische Partei in fast allen Parlamenten, die sinnbildlich f\u00fcr den gesellschaftlichen Rechtsruck steht. Teils gewaltt\u00e4tige Proteste gegen Unterbringungen f\u00fcr Gefl\u00fcchtete aus der gesellschaftlichen Mitte und die Aufm\u00e4rsche der Pegida-Bewegung trugen massiv zur Politik der versch\u00e4rften nationalen Abschottung bei, die die schwarz-rote Bundesregierung seit \u00fcber zwei Jahren verfolgt.<\/p>\n

Im Rahmen rassistischer Pogrome und Demos radikalisierten sich gewaltt\u00e4tige Gruppen, wie die Terrorvereinigung \u201eGruppe Freital\u201c oder die \u201eFreie Kameradschaft Dresden\u201c. In Leipzig waren Verbindungen von Nazi-Hooligans, rechten Sicherheitsfirmen, Jurist_innen und ex-S\u00f6ldnern zu beobachten. Die Unterscheidung zwischen vermeintlichen \u201eRechtspopulist_innen\u201c und bekennenden Nazis weichen immer weiter auf. Je erfolgreicher die AfD bei Wahlen ist, desto weniger h\u00e4lt sie es f\u00fcr n\u00f6tig, sich von eindeutigen Faschist_innen und Nazis zu abzugrenzen. Wenn Alexander Gauland kurz vor der Bundestagswahl verlautbart, Deutsche sollten wieder \u201estolz auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen sein\u201c, dann pr\u00e4sentiert sich die AfD damit auch als parlamentarischer Arm von rechten Schl\u00e4gern, Nazis und Faschist_innen. Den Rechtsruck zu sabotieren, bedeutet auch, die Verbindungen zwischen AfD und offenen Nazis aufzuzeigen und beide strukturell und nachhaltig zu bek\u00e4mpfen.<\/p>\n

Erste Etappe: Kamenzer Stra\u00dfe 10\/12<\/strong><\/p>\n

In den Fokus r\u00fcckten rechte Netzwerke in Leipzig vor allem am 11. Januar 2016, beim Nazi-\u00dcberfall auf Connewitz. Unter den T\u00e4ter_innen waren, altbekannte Neonazi-Akteure aus dem Leipziger Umland, Protagonisten der rechten Lok-Fanszene, der Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer eines Leipziger Sicherheitsunternehmens und drei K\u00e4mpfer des \u201eImperium Fight Team\u201c. Als Drahtzieher der Aktion gilt unter Anderem der Trainer des \u201cImperiam Fight Team\u201d Benjamin Brinsa, Lok-Fan, Neonazi und Gesch\u00e4ftsmann.<\/p>\n

Das wiederbelebte Ladenschlussb\u00fcndnis m\u00f6chte den Strukturen noch tiefer auf den Grund gehen und deren Zusammenh\u00e4nge aufarbeiten. Im Fokus soll dabei zuerst der H\u00e4userkomplex in der Kamenzer Stra\u00dfe 10\/12 stehen. Das Objekt im Leipziger Nordosten fungierte vor allem 2008\/09 als Veranstaltungsort f\u00fcr Nazikonzerte. Dies wurde seinerzeit von Stadt und Polizei mittels bauordnungsrechtlicher Auflagen eingeschr\u00e4nkt. Nichts desto trotz fanden im Objekt seitdem immer wieder punktuell neonazistische Konzerte und Parties statt. Der letzte Versuch am 13. Januar 2018 wurde von der Polizei unterbunden.<\/p>\n

Seit 2017 ist die Kamenzer Stra\u00dfe 10 Trainingsort des \u201eImperim Fight Team\u201c von Benjamin Brinsa. Ein Kampfsport-Gym, dass sich aus den Hooligan-Strukturen von Lok Leipzig und aus rechten Aktivist_innen der Region aktiviert. Auf dem stattlichen Areal im Leipziger Nordosten ist zudem auch der Motorradclub \u201eRowdys Eastside\u201c ans\u00e4ssig. Der seit 2015 bestehende Motorradclub firmiert auch als \u201cBruderschaft 18\u201d \u2013 ein K\u00fcrzel f\u00fcr die Initialen Adolf Hitlers \u2013, die ungef\u00e4hr zehn Mitglieder sind neonazistische Fu\u00dfballfans des 1. FC Lokomotive Leipzig. Sieben Angreifer aus Connewitz werden dem Motorradclub zugeordnet. Weiterhin fungiert das Objekt als Postadresse und mutma\u00dflicher Lagerort f\u00fcr diverse Gewerbe. Das Areal geh\u00f6rt seit 2007 Ludwig K., der seit Jahrzehnten Verbindungen in die Neonazi-Szene unterh\u00e4lt.<\/p>\n

Ehemals KZ-Au\u00dfenlager \u2013 heute Trainingsort f\u00fcr Neonazis<\/strong><\/p>\n

Au\u00dfer einer kleinen Erinnerungstafel erinnert heute nichts mehr an die Geschichte des zweist\u00f6ckigen Geb\u00e4udes in der Kamenzer 12 und des angrenzenden Areals. Hier befand sich zwischen Sommer 1944 und April 1945 das gr\u00f6\u00dfte Frauenau\u00dfenlager des KZ Buchenwald. In dem mit Stacheldraht umz\u00e4unten und von SS-Wachmannschaften bewachten Au\u00dfenlager \u201eHASAG Leipzig\u201c waren \u00fcber 5000 Frauen und M\u00e4dchen inhaftiert. Der Gro\u00dfteil von ihnen waren \u201epolitische\u201c und \u201ej\u00fcdische\u201c Polinnen.
\nDie H\u00e4ftlinge mussten jeden Tag in 12-st\u00fcndigen Tag- und Nachtschichten unter schwersten Bedingungen Munition, Granaten und Panzerf\u00e4uste f\u00fcr den R\u00fcstungskonzern Hugo-Schneider-AG (HASAG<\/span>) produzieren. Untergebracht waren sie in einem ehemaligen Werksgeb\u00e4ude der HASAG<\/span>. Dabei handelt es sich um jenes Geb\u00e4ude, das heute unter der Adresse Kamenzer Str. 12 zu finden ist. Zur Unterbringung der H\u00e4ftlinge hatte die HASAG<\/span> dieses Geb\u00e4ude in 23 sogenannte Bl\u00f6cke unterteilt. In jedem Block waren mehrere hunderte Frauen und M\u00e4dchen zusammengepfercht. Sie litten an Hunger, Krankheiten, Ersch\u00f6pfung und unter der Gewalt der SS und deutscher Betriebsangeh\u00f6riger, der sie im Lager und bei der Arbeit ausgesetzt waren.<\/p>\n

Am 3. Mai 2009 fand vor dem Objekt eine Gedenkveranstaltung statt. In diesem Rahmen sprach nicht nur Esther Bejarano, \u00dcberlebende der KZ Auschwitz und Ravensbr\u00fcck, auch wurde vor Ort ein Gedenkzeichen installiert. Seit seiner Installation wurde die Gedenktafel nunmehr sechsmal zerst\u00f6rt, zuletzt im Januar 2017. Am 27.1.2017 wurde sie wieder errichtet.<\/p>\n

Rechte Netzwerke zerschlagen \u2013 emanzipatorische K\u00e4mpfe verbinden!<\/strong><\/p>\n

Das Ladenschlussb\u00fcndnis will reaktion\u00e4re, sexistische, rassistische und neonazistische Strukturen in Leipzig nachhaltig schw\u00e4chen. Wir wollen den Rechten ihre Infrastruktur und ihre Handlungsr\u00e4ume entziehen. Dabei wollen wir mit einer Reihe an Akteur_innen gemeinsam agieren, die sich f\u00fcr eine freiere und gerechtere Gesellschaft ohne Ausgrenzung und Unterdr\u00fcckung einsetzen. Wir wollen verschiedene Perspektiven verbinden und unsere K\u00e4mpfe gegen rechte Strukturen daf\u00fcr nutzen, unsere Kritik der gesellschaftlichen Verh\u00e4ltnisse in der \u00d6ffentlichkeit Geh\u00f6r zu verschaffen und linke Strukturen nachhaltig zu st\u00e4rken.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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